Was ist Humaneutik

…Fortsetzung …

HU – Schöpfung der Menschlichkeit

HU ist im Sufismus der höchste Name Gottes und wird weltweit als höchstes Mantra gesungen. HU ist ebenfalls als altägyptischer Schöpfergott des Alten Reiches bekannt (ca. 2700 bis 2200 v. Chr.)

Es ist erstaunlich, dass im Humanismus bisher Gott immer wieder ausgeklammert wurde, denn was ist der Mensch ohne Gott? Einigen wir uns hier zunächst auf diesen GOTT-Begriff, denn dieser ist wohl der Bekannteste. Gemeint ist natürlich eine höhere Instanz, die weder zu erfassen noch ausreichend zu beschreiben ist, obwohl es immer wieder versucht wurde und wird. Nicht umsonst heißt es auch im 2. christlichen Gebot, dass wir uns kein Bildnis von Gott machen sollen, oder in der authentischen Aussage von de Forêt:

Es gibt kein Bild, das deinem Schöpfer gerecht wird, denn sein Geist ist in allem, was ist!

Insofern war der Philologe Werner Jaeger, der Begründer des Dritten Humanismus – nach dem Renaissance-Humanismus und dem Neuhumanismus –  diesem Geist in allem sehr nahe, indem er den griechischen Ansatz, das Einzelne als Teil des Ganzen zu sehen, verwendete, wobei das höchste Kunstwerk, das es zu bilden gilt, der Mensch ist.

MAN – mankind – Menschheit

Damit kommen wir zur zweiten Silbe der Humaneutik – MAN oder mankind, also der Mensch oder die Menschheit. Human zeigt also eine deutlich untrennbare Verbindung von Gott und dem Menschen auf, die im bisherigen Humanismus immer wieder auf Kosten von Bildung und Gesellschaft gelöst wurde.

Eine weitere Entwicklung des Humanismus entfernte sich wieder deutlich weiter vom Menschen im Posthumanismus und Transhumanismus. Hierbei wird keine natürlich Weiterentwicklung der Menschheit angenommen sondern eine Einheit von künstlicher und menschlicher Intelligenz geschaffen. Eine rein menschliche Entwicklung ohne Züchtung von Mutanten, Cyborgs oder KI-gekoppelten Wesen wird wohl nach wie vor nur über die spirituelle Weiterentwicklung des Menschen möglich sein, mit der er der „Nichtmenschlichkiet“ von „Maschinen“ weit voraus ist.

EU – gut, richtig

Das EU in Humaneutik beschreibt das Gute und die Richtigkeit hinter diesem Begriff, während die Endung TIK aussagt, dass es in diesem Falle eine Gesamtheit vieler Möglichkeiten des Wissens und der Weisheit ergibt, die zum Erreichen des Zieles der Humaneutik beitragen. Zusammengefasst lässt sich Humaneutik also beschreiben als:

Lehre vom guten und richtigen Umgang mit sich selbst und der Menschen untereinander.

Zum Erreichen dieses Zieles fordert uns die Humaneutik auf, uns zunächst auf das Wissen und Erlernen von Methoden und Techniken zu konzentrieren um anschließend dahinter die Weisheit zu erkennen.  Dies ist der Schlüssel zur Zukunft.

Tiefe der Weisheit

Um die Tiefe der Weisheit zu erkennen, hier noch einmal das Beispiel aus den Budo-Kampftechniken, wie schon unter „Der Weg“ beschrieben:

Die Ausbildung zum Judoka beginnt mit den Schülergraden vom 6. bis zum 1. Kyu-Grad. Der Schritt zum Meister ist der 1. Dan-Grad. Bis zu diesem Punkt der Vorschulung ist die Vollendung der bisher erlernten Techniken der einzige Maßstab, den der jeweilige Lehrer ansetzt.

Der 1. Dan, der erste Meistergrad,  ist aber erst der Beginn seines Weges zum eigentlichen Sinn auf dem Weg zur hohen Kunst der Meisterschaft. Er beginnt zu suchen, wie er den wahren Kern dieses Weges des Kampfsports herausfinden kann. Durch viele Siege und Niederlagen steigt der Meister Stufe um Stufe in den Dan-Graden aufwärts bis er mit dem 4. Dan der technische Experte geworden ist, der alle Techniken beherrscht. Er erkennt jetzt, dass dieser Weg kein Weg der Rekorde ist, sondern dass alle Übungen und Techniken eine Haltung der Geduld gegenüber sich selbst  und anderen Menschen erfordert.

Der weitere Aufstieg nach dem 4. Dan sind geistige Meistergrade mit denen er immer tiefer die Wahrheit und Weisheit hinter diesem Weg erkennt.

Dies ist ähnlich beim Humaneutiker. Nach dem er alle Methoden und Techniken gelernt hat und beherrscht, beginnt er dahinter zu schauen und erkennt deren tiefe Wahrheit und Weisheit. Dies ist der Schritt zum Ziel der Humaneutik, zu erkennen, was dem Besten des Ganzen dient, zu erkennen, was gut und richtig meint und wie alles im unermesslich Großen und Ganzen eingebettet ist.

Humaneutik = Humanismus 4.0

Die Humaneutik fordert uns daher auf, ALLES zu betrachten und ein neues und moderneres Weltbild aufzuzeigen als die bisherigen. Nicht zuletzt haben wissenschaftliche Betrachtungen der letzten Jahrzehnte schon viele Aspekte für ein zeitgemäßes Weltbild geliefert, wodurch das bisherige Weltbild vieler Kirchen und Gruppierungen überholt ist. Interessant ist, dass viele neue Aspekte eigentlich schon in alten Weisheitslehren überliefert sind und nach wie vor ihre Gültigkeit behalten haben.

Zusammenfassend ließe sich die Humaneutik auch als Weiterentwicklung des Dritten Humanismus sehen, vielleicht mit der Bezeichnung in Form einer IT-Nomenklatur: Humanismus  4.0.

Siehe auch: Definition der Humaneutik