Basisthema Gesundheit / 4 – Alles im Fluss
Gesundheit, 3. Säule der Humaneutik®, Teil 4
Monatsbeitrag November 2021
Alles im Fluss?
Engpässe im Blutkreislauf oder Lymphsystem erkennen und ernst nehmen
Kleiner Einblick in die Anatomie:
Unser Körper besteht zum überwiegenden Teil aus Flüssigkeit. Jede unserer Zellen ist mit Flüssigkeit gefüllt und alle Zellen sind von Flüssigkeit umgeben. Weiterhin haben wir unsere Flüssigkeitsbahnen im Körper, den Blutkreislauf und das Lymphgefäßsystem, die eng zusammen arbeiten. Beide Systeme sind in der Peripherie stark verzweigt und haben bis in die Finger- und Fußspitzen sehr feine Verästelungen. Unser „frisches“ Blut, angereichert mit Sauerstoff und Nährstoffen, wird vom Herzen weg bis in die feinsten Kapillare der Arterien gepumpt und „verbrauchtes“ Blut fließt in den Venen wieder zum Herzen hin. Das Blut gibt Flüssigkeit mit Nährstoffen ins Gewebe ab. Ein Großteil dieses Gewebewassers wird wieder in den Blutkreislauf aufgenommen. Die restliche Teil, etwa 10%, wird vom Lymphgefäßsystem aufgenommen. Dieses System ist eine Einbahnstraße. Die feinen Gefäße beginnen blind im Bindegewebe zwischen den Blutgefäßen und den Zellen und sind sehr dünnwandig. So kann das Gewebewasser, das nicht wieder vom Blutkreislauf aufgenommen wird, in die Gefäße hinein sickern. Mit der Flüssigkeit nehmen sie Abfallprodukte, z.B. tote oder geschädigte Zellen und gefährliche Mikroorganismen auf. Die Lymphe wird unter anderem durch Muskeltätigkeit nach oben Richtung Schlüsselbeine transportiert und mündet dann kurz vor dem Herzen in den Blutkreislauf. Dies ist nur eine grobe Beschreibung des Ver- und Entsorgungssystems unseres Körpers. Was aber passiert, wenn der Transport der Flüssigkeiten gestört ist?
Wie entsteht ein Stau?
Es gibt viele mögliche Ursachen, die einen negativen Einfluss auf die feinen Wasserkreisläufe und deren Regulierung haben. Wenn Gewebewasser nicht abtransportiert werden kann, entstehen Wassereinlagerungen oder man spricht von Ödemen. Zuerst sei hier erwähnt, dass auch schwerwiegende Erkrankungen oder Allergien Auslöser für Ödeme sein können. Daher ist es wichtig, dass Sie, verehrte Leser und Leserinnen dieses Textes, eine medizinische Fachkraft um Rat fragen, wenn bei Ihnen solch ein Verdacht besteht. Hier gehe ich vor allem auf Stauungen ein, die durch unbewusste Alltagsfehler entstehen können. Diese lassen sich recht einfach beheben. Es ist gut, wenn man sich vorstellen kann, dass durch dauerhaft ungünstige Körperhaltung (z.B. abgeknickte Hüfte beim Sitzen) oder angespannte Muskeln, die die Gefäße zusammen drücken, der Transport der Lymphe und auch der Rücktransport des Blutes in den Venen behindert wird. Die Folge davon können Schmerzen durch die unzureichende Abfallentsorgung sein, der Körper macht auf diese Weise auf das Problem aufmerksam. Eine dadurch bedingte und immer wiederkehrende Schonhaltung kann wiederum andere Probleme nach sich ziehen. Weitere unangenehme Folgen können auch die Entstehung von Krampfadern in den Beinen sein.
Hier einige Beispiele und Maßnahmen, die man sofort umsetzen kann:
1. Stundenlanges Sitzen. Wenn möglich, öfter aufstehen, Arme und Beine ein wenig schütteln und die verkürzten Strukturen dehnen. Dehnen ist ein hervorragendes Mittel, um Stauungen aufzulösen. „Offenes“ Sitzen: Auf einem Stuhl nur auf der vorderen Hälfte sitzen, den Körper entspannt aufrecht halten und nicht mit gerundetem Rücken anlehnen. Die Höhe sollte so eingestellt sein, dass der Winkel zwischen den Oberschenkeln und der Hüfte etwas mehr als 90° beträgt. Die Beine sollten nicht zusammen gehalten werden, sondern dürfen leicht auseinander fallen. Die Beine nicht (am besten nie) übereinanderschlagen! Auch ein Steharbeitsplatz zur Abwechslung ist eine gute Alternative. Aber auch hier sind kleine Bewegungspausen wichtig. So arbeiten, dass die Schultern möglichst entspannt hängen können.
2. Daueranspannung von Muskeln (z.B. unbewusstes Hochhalten der Schultern). Hier ist es wichtig, die Körperwahrnehmung im Alltag zu verbessern. Vor allem nach größerer Belastung, auch psychische, Entspannungsübungen machen. Bei sportlichem Ehrgeiz (auch bei Yoga, Pilates, etc.) immer nach der Anspannungsphase Zeit für bewusstes Entspannen (Loslassen) und Dehnen nehmen. Außerdem immer dafür sorgen, dass man nicht friert, wenn man länger nach draußen geht, um unnötige Dauerspannung in der Muskulatur zu vermeiden.
3. Schlafen in Embryohaltung (ist wie Sitzen). Gut ist es, den Körper zunehmend daran zu gewöhnen, auf dem Rücken zu liegen. So eine Umgewöhnung kann lange dauern, aber, wenn man es immer wieder anbietet, klappt es zunehmend besser. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Wenn dies aus verschiedenen Gründen gar nicht möglich ist, dann morgens die verkürzten Strukturen ausreichend dehnen.
4. Socken mit zu engem Bund, zu enger BH mit einschneidenden Trägern, zu enge oder zu spitze Schuhe… die Gegenmaßnahmen verstehen sich von selbst 😉 Aber, im Ernst, es ist wichtig, zu wissen, dass auch diese Faktoren langfristig nachteilige Folgen haben können. Daher auch diese Punkte ernst nehmen.
5. Verletzungen, äußerlich, aber auch innerlich, wie z.B. Umknicken mit dem Fuß oder Entzündungen. Dadurch werden auch kleine Blutgefäße verletzt und Blut und Wasser kann ungehindert ins Gewebe fließen. Man kann während der Heilungsphase die betroffene Stelle sanft massieren und moderate Bewegungen, wenn möglich, sind auch sinnvoll. Nach und nach nehmen die Lymphbahnen die abgestorbenen Blutzellen und das überschüssige Wasser mit den Stoffwechselprodukten des Entzündungs- und Heilungsprozesses wieder auf und führen diese der Entsorgung zu.
Wenn jedoch eine Narbe zurückbleibt, bei der mehrere Gewebsschichten miteinander verwachsen sind, kann es sein, dass der Lymphfluss dauerhaft eingeschränkt ist. Dies kann man aber durch entsprechende lösende Maßnahmen durch z.B. Physiotherapeuten oft verhindern.
6. Hormonelle Schwankungen bei Frauen. Ein ungünstiges Verhältnis der Schwangerschaftshormone Östrogen und Progesteron sorgt dafür, dass das Bindegewebe lockerer wird und mehr Wasser ins Gewebe austreten kann. Daher ist die Neigung zu Wasseransammlungen in den Beinen in der 2. Zyklushälfte, in der Schwangerschaft und meist zu Beginn der Wechseljahre größer. Hier kann man vor allem mit häufigem Hochlegen der Beine und kühlenden Wasseranwendungen Linderung schaffen. Siehe auch Punkt 8.
7. Ernährungsfehler. Ein gesunder Wasserhaushalt ist von einer ausreichenden Trinkmenge, sowie einem guten Natrium- Kaliumverhältnis abhängig. Zu hoher Salzkonsum sollte eingeschränkt werden und der Speiseplan muss ausreichend kaliumreiche Lebensmittel enthalten. Ausführliche Tabellen mit solchen Lebensmitteln findet man im Internet. Eine zu geringe Trinkmenge kann interessanterweise auch zu Ödemen führen, da der Körper dann das vorhandene Wasser zurückhält. Aber auch zu viel Eiweiß in der Ernährung kann zu Wassereinlagerungen führen, da Eiweiß Wasser an sich bindet.
8. Sommerliche Hitze begünstigt Wasseraustritt ins Gewebe, da durch Wärme die Gefäßwände weiter werden. Hier hilft Schuhe und Strümpfe ausziehen und Füße hochlegen. Kaltes Wasser, z. B. Wassertreten oder ein Knieguss nach Kneipp hilft auch sofort. Die genaue Anleitung und wichtige Tipps hierzu findet man auf der Internetseite www.kneipp.com.
Kleine Zusammenfassung der Maßnahmen:
— Wahrnehmung der Signale des Körpers und der Körperhaltung im Alltag
— Hinterfragen von Schmerzen in Muskeln und Gelenken (Schmerzen, z.B. Rückenschmerzen nicht als „normal“ oder altersbedingt ansehen, sondern möglichst frühzeitig die Ursachen beheben)
— Häufiges Dehnen und Strecken aller Gliedmaßen, vor allem morgens nach dem Aufstehen und nach längerem Stehen oder Sitzen, dabei bewusst die Strukturen, die längere Zeit in verkürzter Haltung waren, endgradig dehnen. Auch die Arme, Hände, Finger und Daumen sollte man nicht vergessen, da diese bei vielen Tätigkeiten (Tastaturschreiben, Maus bedienen, Werkzeug halten etc.) oft stark belastet werden. Die Dauer der einzelnen Dehnungen kann 0,5 bis 3 Minuten andauern, so lange, bis der Dehnungsreiz merklich nachlässt. So wird das Gewebe effektiv entstaut.
— Mindestens 1x täglich durch Bewegung, Ausdauersport, Tanzen etc. ins moderate Schwitzen kommen und einen kurzen flotten Spaziergang machen.
Der Fluss des Lebens
Es ist immer interessant, die körperlichen Symptome auch in einem spirituellen Zusammenhang zu betrachten. Man kann sich folgende Fragen stellen: Zeigt der Stau in meinem Körper vielleicht eine Angst vor einer notwendigen Veränderung an? Sollte ich etwas loslassen, das mir nicht mehr nützt, sondern eher schadet? Stecke ich in einer Sackgasse und weiß keinen Ausweg? Befinde ich mich im Fluss des Lebens oder habe ich Angst davor, davongespült oder mitgerissen zu werden? Wir Menschen neigen oft dazu, uns vor Veränderung zu scheuen. Das Bestehende, das man kennt, scheint einem mehr Sicherheit zu geben, als das Unbekannte. Auch wenn das Bestehende mehr Unbehagen als Freude bereitet. Dies kann, wie der Lymphstau in unserem Körper, zu einer Stagnation im Leben führen. Aber wenn man sich die Kreisläufe der Natur betrachtet, sieht man, dass Leben immer auch Veränderung ist und alles Lebendige ständig in Bewegung. Wenn man vertrauensvoll Altes und Verbrauchtes loslassen kann, schafft man Platz für Neues und alles kommt wieder in Fluss.
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